Der NABU-Ruhrgebietsgarten – Insektenzählung zur „Zeit der Schmetterlinge“

Auch in diesem Jahr findet die Zählaktion „Zeit der Schmetterlinge“ des NABU-NRW vom 15. Juni bis 15.Juli statt. Dieses Citizen-Science-Projekt läuft ja nun schon einige Jahre und die Fachgruppe Garten des NABU-Dortmund war jedes Mal mit einer Zählaktion dabei. So auch in diesem Jahr wieder. Und wie jedes Mal haben wir natürlich nicht nur die Schmetterlinge gezählt, sondern haben uns auch nach den anderen Arthropoden umgeschaut.

Am heutigen ersten offenen Gartentag im Juli stand ab 10 Uhr die Insekten- und Schmetterlingszählung auf dem Programm. Bei 24°C und lockerer Wolkendecke mit leichtem Wind war das Wetter ideal dazu. Der NABU-Ruhrgebietsgarten steht ja aktuell immer noch in der Umbauphase. Aber drei Blumenbeete mit Mischungen aus Wildstauden und Kulturpflanzen sind seit gut drei Monaten bepflanzt und stehen nun in Blüte. Insekten lassen sich die letzten Wochen schon regelmäßig im Garten beobachten.

Angetroffen wurden in erster Linie neben den Tagfaltern auch andere Fluginsekten wie Hummeln, Honigbienen, Wildbienen und Schwebfliegen. Daneben aber auch Wanzen und Käferarten. Die diversen Fliegen-, Samen- und Glanzkäferarten wurden aufgrund mangelnder Bestimmungsliteratur außen vor gelassen und nicht näher bestimmt. Die Bestimmung erfolgte nur auf Sichtung, ohne Fang, aber sofern möglich mit Fotodokumentation. Mit Observation.org wurde sofort gearbeitet, aber alle Sichtungen wurden später auch noch mit entsprechender Fachliteratur bzw. Naturgucker.de abgeglichen. Zu Gast heute war auch Jana. Sie hat gerade ihr Biologie-Studium mit Fachrichtung Entomologie fertiggestellt und war somit eine sehr große Unterstützung.


Liste der Sichtungen

(1)  2 Hauhechelbläuling Polyommatus icarus / am Lavendel
(2)  Tagpfauenauge Inachis io
(3)  1 Zitronenfalter Gonepteryx rhamni
(4)  1 Großer Kohlweißling Pieris brassica
(5)  2 Kleine Kohlweißlinge Pieris rapae

(6)  > 18 Dunkle Erdhummeln Bombus terrestris
(7)  > 5 Ackerhummeln Bombus pascuorum
(8)  3 Steinhummeln Bombus lapidarium / Männchen + Weibchen
(9)  > 2 Keusche Kuckuckshummeln Bombus vestalis

(10)  > 10 Imker-Honigbienen Apis mellifera
(11)  3 W Glänzende Natternkopf-Mauerbiene Hoplitis adunca / an Natternkopf
(12)  2 Löcherbienen Heriades truncorum / an Färberhundskamille
(13)  1 Sägehornbiene Melitta spec.
(14)  1 W Gewöhnliche Binden-Sandbiene Andrena flavipes / an Ringelblume
(15)  1 Sandbiene Andrena spec. / an Ringelblume
(16)  > 2 Arten Schmalbiene Lasioglossum spec. / an Wilde Möhre u.a.
(17)  3 Maskenbienen Hylaeus spec. / an Wilder Möhre
(18)  1 Steinspalten-Wollbiene Anthidium oblongatum/ an Hornklee Lotus corniculatus
(19)  1 M Seidenbiene Colletes spec.
(20)  1 W + 1 M Gelbbindige Furchenbiene Halictus scabiosae / an Witwenblume

(21)  1 Wespe Vespula spec. (vermtl. V. germanica) / fressend an totem Nashornkäfer
(22)  1 Goldwespe unbest. Chrysididae indet.
(23)  1 Zehnpunkt-Keulenwespe Sapygina decemguttata / an Färberhundskamille
(24)  1 Breitstirnblasenkopfliege Sicus ferrugineus
(25)  1 Bracon-Brackwespe Bracon spec.

(26)  1 Nymphe und > 4 ad. Feuerwanzen Pyrrhocoris apterus
(27)  2 Kohlwanzen Eurydema oleracea
(28)  1 Beerenwanze Dolycoris baccarum
(29)  1 Rote Halsringweichwanze Deraeocoris ruber
(30)  > 1 Gemeine Wiesenwanze Lygus pratensis
(31)  3 Zimtwanze Corizus hyoscyami / auch Kopula
(32)  1 Verschiedenfarbige Bodenwanze Trapezonotus dispar

(33)  1 Fünfpunkt-Marienkäfer Coccinella quinquepunctata
(34)  7 adulte und 2 verpuppte Siebenpunkt-Marienkäfer Coccinella septempunctata
(35)  2 Asiatische Marienkäfer Harmonia axyridis
(36)  1 Johanniskraut-Fallkäfer Cryptocephalus moraei
(37)  1 Balkenschröter Dorcus parallelipipedus / am Totholz des Gartens
(38)  3 Trauer-Rosenkäfer Oxythyrea funesta / auch Kopula
(39)  1 M Nashornkäfer Oryctes nasicornis // Totfund, die lebenden Käfer wurden vor gut zwei Wochen im Garten gesehen

(40)  1 Späte Großstirn-Schwebfliege Scaeva pyrasti / an Phlox
(41)  1 M Gewöhnliche Langbauchschwebfliege Sphaerophoria scripta
(42)  1 Rüppells Stiftschwebfliege Sphaerophoria rueppelli
(43)  > 1 Hain-Schwebfliege Episyrphus balteatus
(44)  2 Keulen-Schwebfliege / Kleine Mistbiene Syritta pipiens / Kopula
(45)  1 Erz-Schwebfliege Cheilosia spec. / an Garten-Margerite aus Gartenbestand
(46)  1 W Mistbiene Eristalis tenax / an Garten-Margerite aus Gartenbestand
(47)  1 Keilfleckschwebfliege Eristalis spec. / an Garten-Margerite aus Gartenbestand
(48)  > 3 Goldfliegen Lucilia spec.

(49)  1 Nymphe W Großes Heupferd Tettigonia viridissima
(50)  1 Große Königslibelle Anax imperator


Zwei absolute Highlights waren zum einen die Sichtung eines Hauhechel-Bläulings, der über eine Stunde auf dem großen Lavendel saß und ausgiebig im Verhalten beobachtet werden konnte. Sowohl mit geschlossenen als auch mit geöffneten Flügeln. Und zum anderen die Beobachtung einer großen Königslibelle, die einige Runden tief über dem Garten flog, um dann plötzlich einen der auffliegenden Kohlweißlinge zu fangen. Sie ließ sich in einem anliegenden Gehölz nieder und konnte so aus der Nähe beim Fressen der Beute beobachtet werden.

Fazit:

Insgesamt zeigt dieser NABU-Ruhrgebietsgarten in einer innerstädtischen knapp einhundert Jahre alten Kleingartenanlage, mit etwas über 190 Gartenparzellen und eingefriedet durch Vogelschutzhecken mit Überhältern, wie wichtig diese grünen Standorte für die Artenvielfalt in Städten sind. Denn unser Garten hat nach der vorherigen Rodung der nicht gebietstypischen Vegetation im letzten November die neue Gartensaison im April ja praktisch bei null in Sachen Botanik begonnen. Bis jetzt ist erst etwa ein Drittel der Fläche mit Stauden bepflanzt worden, einige Obststräucher und verbliebene Gehölze kommen dazu. Wenn sich nun innerhalb von gut drei Monaten (April – Juni) regelmäßig bis zu 20 und heute über 40 Insektenarten im NABU-Ruhrgebietsgarten zeigen und zum Nahrung suchen und fressen verbleiben, belegt dies, dass sie in der Umgebung des Gartens und in den anderen Gärten überwintert haben und nun auf der Suche nach Nahrung und neuen Lebensräumen sind.

Jetzt ist es an uns, diese Daten zu analysieren und die entsprechenden Biotopstrukturen, die ja bereits in der Planung sind, weiter umzusetzen. Ob sie dann als Lebensraum und Niststandort angenommen von den Insektenarten als akzeptabel befunden werden, wird die Zukunft in den kommenden Jahren zeigen.

Beispiele:

  1. Die Blattläuse an den im Garten verbliebenen Kultur-Rosen und dem Gewöhnlichen Schneeball wurden ignoriert und nicht entfernt. Innerhalb kurzer Zeit waren die o.g. unterschiedlichen Marienkäferarten vor Ort, haben gefressen und auch ihre Eier abgelegt. Die Engerlinge haben weiter gefressen, sich verpuppt und nun fliegen aktuell die neuen Generationen.
    Auch die Larven vieler Schwebfliegenarten und der nachtaktiven Florfliegen fressen Blattläuse.

  2. Nahrungspflanzen der Hauhechel-Bläuling-Raupen sind ausschließlich Schmetterlingsblütler wie z.B. die Dornige Hauhechel oder der Gewöhnliche Hornklee. Er ist bereits mit drei blühenden Stauden vorhanden. Diese Pflanzen werden, neben Herzgespann und Woll-Ziest auch von der Garten-Wollbiene gerne angenommen.

  3. In den bereits im NABU-Ruhrgebietsgarten vorhandenen drei Mörtelkübelteichen wird das (Regen-)Wasser nicht ausgetauscht oder gereinigt. Mückenlarven werden dann als Imagines die Mauersegler und Fledermäuse miternähren können. Aber auch die Rattenschwanzlarven der aktuell gesichteten Keilfleck-Schwebfliegen Eristalis spec. und der vor einigen Tagen gesehenen Sumpfschwebfliege Helophilus spec. entwickeln sich in solchen kleinen Teichen und fressen dort Bakterien und Kleinstlebewesen.

  4. Die seit Blütenbeginn der beiden kleinen zweijährigen Natternkopfpflanzen (Echium vulgare) fliegenden Natternkopfmauerbienen belegen, dass sie bereits in der Umgebung vorhanden sind. Neue Pflanzungen für die Blüte im kommenden Jahr sind bereits erfolgt und angewachsen. Nun ist es dringend notwendig, die geeigneten Nisthilfen anzulegen.

  5. Die Felsen- oder Spalten-Wollbiene Anthidium oblongatum bevorzugt als Pollenquelle den Gewöhnlichen Hornklee, aber auch Sempervivum- und Sedum-Arten. Sie nistet in Hohlräumen wie Erdritzen, Mauerfugen, Felsspalten. Diese Optionen haben wir ihr mit dem Bau der Trockenmauer und der aktuellen Bepflanzung bereits geboten. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob es von ihr angenommen wurde.

  6. Wie immer Ende Juni / Anfang August beginnt der Flug der jungen Hummelköniginnen. Zeitgleich mit dem Blütenende der Lindenbäume und dem Blütebeginn des Lavendel. Das vermittelt immer den Eindruck, als wenn es ausreiche, nur Lavendel für die Hummeln anzupflanzen. Aber der Flug der letztjährigen Hummelköniginnen beginnt nach ihrer Winterruhe an geschützten Standorten bereits Ende Februar bis März, also im Erstfrühling. Und dann ist es wichtig, dass neben den frühblühenden Weiden und anderen Gehölzen auch Zwiebel- und Knollenpflanzen blühen. Im Garten können das zum Beispiel Winterlinge oder Krokusse sein. Damit ist dann auch den früh fliegenden Gehörnten Mauerbienen geholfen. Für die jungen Hummelköniginnen des Sommers gilt es jetzt, bis spät in den Herbst Blütenpflanzen anzubieten. Denn sie müssen sich nun Polster schaffen für die Winterruhe. Nektar- und pollentragende Korbblütler und Lippenblütler sind hier gut geeignet.

 

Text und Fotos: Brigitte Bornmann-Lemm